Brandbrief: Einbruch bei Gebäudesanierung gefährdet Klima, Jobs und sozialen Frieden

Sehr geehrter Herr Bundeskanzler,
sehr geehrte Damen und Herren Bundesministerinnen und minister,
sehr geehrte Mitglieder des Deutschen Bundestags,

wir sind tief besorgt über die aktuellen Einbrüche bei der Gebäudesanierungsrate. Die Aufträge für ener-
getische Modernisierungsmaßnahmen, sowohl bei Gebäudehülle als auch technik, sind massiv zurückge-
gangen oder sogar zum Erliegen gekommen. So haben sich die Förderanträge beim BAFA im Mai gegen-
über dem Vorjahr halbiert und sowohl Aufträge für Fassadensanierungen als auch der Absatz von Wärme-
schutzprodukten und Wärmepumpen sind massiv eingebrochen. Die teilweise bestehende Illusion, hohe
Energie oder CO2Preise allein würden zu Steigerungen der Energieeffizienz führen, haben sich als ge-
fährlicher Trugschluss erwiesen.

  • Diese Entwicklungen sind in mehrerlei Hinsicht dramatisch und erfordern schnelles politisches Handeln:
    Die Klimaziele drohen noch stärker verfehlt zu werden als bereits absehbar.
  • Ohne Senkung des Energieverbrauchs ist eine wirtschaftliche, sozial und naturverträgliche Ener-
    giewende nicht zu bewältigen.
  • Es drohen Entlassungswellen. Im Vertrauen auf die Politik aufgebaute Kapazitäten werden bei
    fehlender Nachfrage nicht gehalten werden können. Fachkräfte werden die relevanten Branchen
    verlassen. Erholt sich die Nachfrage nicht schnell genug, werden sie bei späterem Bedarf nicht
    mehr zur Verfügung stehen.
  • Es drohen massive soziale Verwerfungen in Folge zu hoher Heizkostenrechnungen, bedingt durch
    verschleppte Modernisierungen bei gestiegenen Energiepreisen. Die hohen Kosten werden Haus-
    halte mit geringem Einkommen in unsanierten Gebäuden besonders hart treffen.
  • Die Baubranche wird als wichtiger Konjunkturanker, der während der CoronaKrise die Wirtschaft
    gestützt hat, nach Einbruch der Neubauzahlen geschädigt.

Wir fordern die Bundesregierung und den Deutschen Bundestag darum auf, noch in diesem Sommer als
ersten Schritt ein Klimakonjunkturpaket für den gesamten Gebäudebestand aufzulegen. Dafür sollte auch
ein Sanierungsprogramm für alle öffentlichen Gebäude umgesetzt werden. Die Förderbedingungen für
umfassende energetische Modernisierungen müssen wieder hergestellt (mind. 20 % zzgl. Boni). Gebäude-
hülle und technik müssen dabei gleichgestellt, die Genehmigung von Anträgen beschleunigt und zusätz-
lich steuerliche Abschreibungsmöglichkeiten geschaffen werden.

Darüber hinaus braucht es schnellstmöglich einen klaren Fahrplan für eine Sanierungsoffensive für den
gesamten Gebäudebestand. Diese muss durch die Kombination aus Förderprogrammen, Ordnungsrecht,
Beratung, Hebelung privater Finanzierung und eine Anpassung des Mietrechts sowohl das Erreichen der
Klimaziele als auch die sozial gerechte Umsetzung gewährleisten. Die notwendigen Lösungen und Techno-
logien sind vorhanden das sollte von der Politik deutlich kommuniziert werden.

Auch insgesamt ist ein politisches Bekenntnis zur Aufrechterhaltung der Zieltrias aus Klimaschutz, Erneu-
erbaren Energien und Energieeinsparung als Richtschnur der Energiewende dringend erforderlich. Die
Streichung des Energiesparziels aus § 1 GEG, die Aufgabe langfristiger Primärenergieziele im EnEfG und
Aussagen, es genüge die Vermeidung von CO2Emissionen als Politikziel, sind umwelt, sozial und wirt-
schaftspolitisch brandgefährlich.

Wir bitten um einen zeitnahen Austausch und möchten auch unsere Bitte an die Bundesregierung, endlich
einen Sanierungsgipfel einzuberufen, hiermit nochmal sehr deutlich wiederholen.

Mit freundlichen Grüßen

Christian Noll, Geschäftsführender Vorstand, Deutsche Unternehmensinitiative Energieeffizienz e.V
(DENEFF)

Antje von Broock, Bundesgeschäftsführerin, Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland e.V. (BUND)

Jan Peter Hinrichs, Geschäftsführer, Bundesverband energieeffiziente Gebäudehülle e.V. (BuVEG)

Stefan Bolln, Vorsitzender, Gebäudeenergieberater Ingenieure Handwerker Bundesverband e.V.

Frank Ernst, Hauptgeschäftsführer BTGA e. V., Geschäftsführer FGK e. V. und
Geschäftsführer Herstellerverband RLTGeräte e. V.

Jutta Gurkmann, Mitglied der Geschäftsleitung, Geschäftsbereichsleiterin Verbraucherpolitik. Verbrau-
cherzentrale Bundesverband e.V.

Leif Miller, Bundesgeschäftsführer NABU e.V.

Thomas Drinkuth, Leiter der Repräsentanz, Repräsentanz Transparente Gebäudehülle GbR

Frank Lange, Geschäftsführer Verband Fenster + Fassade e.V.

Marita Klempnow, Vorstand Deutsches Energieberaternetzwerk e.V.

Heike Vesper, Geschäftsleitung Transformation & Politik, WWF Deutschland

Arnold Drewer, Geschäftsführer Fachverband Einblasdämmung e.V. FVED

Dr.Ing. Thomas Tenzler, Geschäftsführer, FMI Fachverband Mineralwolleindustrie e. V.